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Die Ikone „Unsere Liebe Frau von Ephesus“
Versuch einer Beschreibung

 

 

 

 

 

 

Die Ikone wurde geschrieben ("gemalt") von Frau Dr. Ampelia Theyerl OSB, die in der Abtei Frauenchiemsee im angegliederten Mädcheninternat als Lehrerin für Mathematik, Physik und Kunsterziehung wirkte. Sie hat noch nicht mal die Osterkerzen ohne Inspiration gestaltet - jeweils unter dem Eindruck der Liturgie der Osternacht ging sie ins Atelier und hielt den Entwurf für die Kerze des nächsten Jahres fest.

Die Inspiration der Ikone erhielt sie an einem Karsamstag, während meine Eltern vor Meryem Ana Avi den großen Psalter beteten, weil die Patres kurzerhand die Liturgie der Osternacht um zwei Stunden verschoben hatten.

Das Haus Mariens rechts unten zeigt die Kapelle in der heutigen Gestalt. Maria als zentrale Figur wird in vorgerücktem Alter dargestellt, weil sie ja ihre letzten Jahre auf dem Nachtigallenberg verbrachte. Durch die Kürzel rechts und links von ihrer Gestalt wird sie als "Meter Theou" ausgewiesen, als Muttergottes (nicht als "Theotokos" - Gottesgebärerin, obwohl das ihr Ehrentitel wäre, der ihr auf dem Konzil zu Ephesus 431 verliehen wurde). Kein Mensch kann Gott hervorbingen, somit nicht Mutter (bzw. zeugender Vater) sein, darum verständigte sich das Konzil auf die Bezeichnung Gebärerin, „Zur-Welt-Bringerin“. Es geht dabei um eine ontologische Aussage; die Mutterschaft in psychologischer Hinsicht bleibt davon unberührt.

Die Hände Mariens sind zum Gebet erhoben. Diese Geste kennt man nicht nur als Orante-Haltung in der Kirche der frühen Jahrhunderte; sie ist auch Gebetsgeste im Islam. Maria betet zu Jesus, dem erhöhten Herrn. Die Blicke der beiden begegnen sich nicht, weil Maria auf Erden, wie wir alle, Glaubende und Hoffende ist, nicht Schauende. Durch die Wolke (mitdenken darf man die Wolke beim Auszug aus Ägypten, die Zeichen der Gegenwart Gottes war, ebenso wie die Wolke bei der Himmelfahrt, die den Blick auf den Herrn geheimnisvoll verschließt und klarmacht, dass es beim Himmel um einen Bereich geht, der in der Souveränität und Unverfügbarkeit Gottes dem Menschen noch verborgen ist. Als drittes darf man an die Wolken denken, auf denen Jesus wiederkommen wird.
 
Die rechte obere Ecke ist also ein „Fenster“ ins Eschaton, auf die letzten Dinge und die Wiederkunft Christi). Gleichzeitig - hier findet ein Dialog statt - lädt Christus Maria ein, zu ihm zu kommen. Die Worte hierfür stehen auf dem Buch geschrieben: "Erchou, eklekte mou, nymphe mou", d.h. "Komm, meine Erwählte, meine Braut". "Komm" sind Schlüsselwörter sowohl im Hohenlied des Alten Testaments als auch im Buch der Offenbarung; in beiden geht es um bräutliche Sehnsucht. Als Urbild der Kirche, die Braut Christi ist und zum ewigen Hochzeitsmahl berufen ist, darf Maria Braut genannt werden (im Hymnus Akathistos der Ostkirche wird sie verehrt als "nymphe a-nymphevte", etwa schwerfällig zu übersetzen als: "ungebrautete Braut", will heißen jungfräuliche Braut.
 
Der Brautschaft gehört eine Haltung der Erwartung zu, die Maria sicher schon vor der Verkündigung zu eigen war. Sie gehört dem Volk an, das den Messias erwartet; sicher wurde sie von niemandem in dieser geistlichen Haltung der Sehnsucht übertroffen.
Der Engel links oben hält die Krone schon bereit, setzt sie Maria aber noch nicht aufs Haupt.
 
Elisabeth Sellmair, 08. 11. 2016
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